Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
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Der gigantomanische Stummfilm-Hammer “Napoléon vu par Abel Gance“ von 1927 wird seit Jahrzehnten Stück für Stück von Kevin Brownlow rekonstruiert. 1981 waren bereits 4 Stunden und 50 Minuten (bei korrekter Abspielgeschwindigkeit von 20 Bildern pro Sekunde) fertig [1].
Francis Ford Coppola bot dieser Fassung in jenem Jahr einen Distributionsapparat und ließ sie mit einem Score komponiert von seinem Vater Carmine Coppola unterlegen. Dabei nahm man sich die Freiheit, den Film in einer (und wenn man den Film so sieht, wird sie wirklich auch derart wahrgenommen) viel zu schnellen Abspielgeschwindigkeit von 24 Bildern pro Sekunde und einigen Kürzungen vorzuführen, damit den Musikern bei Live-Darbietungen keine Überlängen-Zuschüsse zu zahlen seien [2]. Schön und gut, wenigstens hat Coppola dem Film so eine breite Öffentlichkeit beschert, die er sonst wohl nicht bekommen hätte – ich persönlich finde den Score seines Vaters aber einigermaßen unpassend.
Inzwischen hat Brownlow in den letzten zwanzig Jahren brav weiter rekonstruiert und unter anderem den Film auf 5 Stunden 30 Minuten anwachsen lassen [3]. Für die neue Fassung hat Komponist Carl Davis einen angeblich besseren Score geschrieben. Was spräche also dagegen, die vollständige Fassung mit der ihr ankomponierten neuen Musik vorzuführen?
Ganz einfach: Francis Ford Coppola. Der möchte jede Vorführung des Napoleon-Films ohne den Score seines Vaters untersagen. Wie soll das gehen? Nun, Coppola behauptet, die Rechte am Film von der Firma zu haben, an die Abel Gance sie vor Urzeiten mal abgetreten habe. Gleichermaßen behauptet Kevin Brownlow, zumindest die Rechte für den britischen Markt von Gance selbst bekommen zu haben, worauf Coppola meint, Gance habe diese Rechte später gar nicht mehr weiter veräußern dürfen. Oder so ähnlich.4
Jedenfalls läuft es darauf hinaus, dass, sollte Coppola sich durchsetzen, Kevin Brownlows bewundernswerte Rekonstruktionsarbeit und Carl Davis’ Kompositionsarbeit nutzlos wären. Denn der Film – ein Stummfilm mit fast achtzig Jahren auf dem Buckel! – dürfte wegen dieser Rechteverwertungsstreitereien in keiner Aufführung über die 1981er Rekonstruktion mit Carmine-Coppola-Musik hinausgehen. Brownlow selbst scheut deshalb offenbar auch nicht deftige Vergleiche.
So oder so, die Perversionen, zu denen das ganze derzeitige Urheberrechtsgestammele führt, werden irgendwann nochmal jede kreative oder wissenschaftliche Initiative zugrunde richten.
[1] & [2]: Usenet
[3]: IMDB
[4]: Boing Boing
Siehe auch:
Carmine Coppola vs. Napoleon Bonaparte
Filmprotokoll / Überreizung in “NAPOLÉON VU PAR ABEL GANCE” (1927)
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