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Die Meriten von "Family Guy", mit einem Exkurs zur Gestrigkeit der "Simpsons"

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Unter den populären US-Trickfilmserien der letzten Jahre ragt Family Guy durch sein besonders liebevolles postmodernes Zitieren & durch absurdistische Gag-Strukturen näher den Monty Pythons als den Simpsons hervor.

Prolog: Ein kurzer Exkurs zu The Simpsons

So sehr man die Simpsons ob der Vielfalt ihrer Detailgags und kulturellen Anspielungen noch immer lieben möchte, so sehr muss man doch auch eingestehen, dass sie längst der Mainstream einer toten Epoche sind.

"Mainstream", weil sich eben dies nach bald zwei Jahrzehnten ihrer Existenz als ihre hauptsächliche Qualität erwiesen hat: ihre Fähigkeit, Zuschauer aus verschiedensten Schichten, Altersklassen und Herkünften in eine weltgroße Fangemeinde zu integrieren; dabei jedem von ihnen das schmeichelnde Gefühl zu geben, ein ganz spezieller und im Besonderen angesprochener Experte der Populärkultur zu sein, der diese und jene Anspielung versteht; und all diese herangezogenen Spezial-Experten verschiedenster Bereiche gleichzeitig über kollektive Kenntnis und Aneignung von Gag-Verläufen und Sprüchen auf eine gemeinsame Völkerverständigungsgrundlage zu stellen. Mit Simpsons-Zitaten kann man Insider-Bande noch über Klassen und Kulturkreise hinweg knüpfen.

"Tote Epoche", weil Die Simpsons postmodernes Kultur-Bildungsfernsehen eines spezifischen Vor-Internet-Zeitalters war. Dem Broadcast-Medium entsprechend, unterlag die Entscheidung, welche Gags und Anspielungen den Vordergrund befüllen durften, einer pädagogischen Auswahl, die sich an einer durchschnittlichen Mindestvertrautheit im zwar cleveren, aber auch breit gestreuten Zielpublikum orientieren musste, an einem Gemeinschaftsgrund, der von der Babyboomer- bis zur frühen Dotcom-Generation reichte. So bildeten die Simpsons in der Vielfalt ihrer Anspielungen ein bestimmtes kulturelles Allgemeinwissen ab und reproduzierten es zugleich etwa in die Köpfe der Fünfjährigen, die mit ihnen aufwuchsen. Ich für meinen Teil kann zumindest mit Sicherheit sagen, dass vieles, was ich an popkulturellem Wissen in mir trage, in meiner Kindheit durch umfangreichsten Simpsons-Konsum geprägt wurde. Die Simpsons erfüllten eine kulturelle Gatekeeper-Funktion.

Es ist kein Zufall, dass der inhaltliche und humoristische Untergang der Simpsons Ende der 90er Jahre mit dem Siegeszug des Internets zusammenfiel.

Referenzsysteme in Family Guy

[Hier war mal ein YouTube-Embed, nun ist hier nur noch dieser Link aufs Video.]
Stewie Griffin tanzt mit Gene Kelly in einer Bearbeitung des 1945er MGM-Musicals Anchors Aweigh.

Das Netz von Anspielungen in Family Guy dagegen (Anfangsjahr: 1999) ist sowohl kulturhistorisch breiter gefächert als auch im Detail spezifischer. Wo in den Simpsons obskure Referenzen rücksichtsvoll im Hintergrund versteckt werden, machen allerobskurste Referenzen in Family Guy fast den gesamtem Vordergrund aus. Wo bei den Simpsons für ein Babyboomer-Publikum der jugendnostalgisch bewährte Prolog des ersten Indiana-Jones-Films in voller Länge durchgespielt wird, wird bei Family Guy im obigen YouTube-Beispiel fast eine ganze Original-Nummer aus einem MGM-Musical der 40er Jahre durchgenommen. Kann man sich ja ergoogeln. Muss man aber nicht.

Die pädagogische Intention, die Beschränkung auf das, was ins Allgemeinwissen gerechnet oder gespritzt werden kann und soll, fehlt hier. Eine Folge Family Guy ist, um historisch passend den Wahlspruch eines populären Internet-Blogs zu zitieren, mehr ein ungefiltert-ungeordnetes "Directory of Wonderful Things" nicht nur der aktuellen, sondern auch vergangener Populärkulturen, eine Rumnerderei der Serienmacher mit ihren persönlichen Lieblingen, vom Vaudeville-Theater der Jahrhundertwende über lange vergrabene Showbiz-Skandale und dem klassischen Hollywoodkino der 30er und 40er Jahre bis zu Einzel-Nummern aus bestimmten Broadway-Musicals.

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Wo bei den Simpsons mehr ganze Klassen von Filmen, Serien und anderen Kulturerzeugnissen referenziert werden, geht Family Guy lieber runter auf einzelne konkrete Titel. Und hier lässt es dann rasch jenes Referenz-Format fallen, das eine Serie wie The Simpsons allein zu kennen scheint, um seine Referenz-Gegenstände pädagogisch ins Wertkommensurable ihrer Zielgruppe zu übersetzen: die Parodie oder Veralberung. Bei Family Guy sind ganze Passagen einer Folge manchmal einfach exakte Replikate ihrer Referenz-Originale, die Verballhornung scheint sich dann geradezu zahm und respektvoll zurückzuhalten. Oft liegt der Witz allein in der absurden Detailliertheit und Ausführlichkeit des Nachbaus. Man vergleiche etwa diesen Nachbau einer Szene aus The Sound of Music mit dem Original: Selbst die humoristischen Pointen sind 1:1 aus dem Original 'geklaut'. Mehr denn als Parodie wirken die Referenzen in Family Guy oft einfach nur noch als Zeugnisse einer positiven Vernarrtheit in die Originale, die unangepasst-bewahrt über das Format einer postmodernen Zeichentrickserie in ein schmackhaftes, nicht notwendigerweise satirisches Potpourri geliebter Personen, Szenen und Melodien zusammengemischt und dialogisiert werden.

Gag-Strukturen in Family Guy

Es ist, als wäre Family Guy für YouTube geschaffen worden. Nicht nur, dass die oben beschriebenen detaillierten Nachbauten sich in höchstem Maße dafür anbieten, als Schnippsel bei YouTube 1:1 mit den entsprechenden, oft genug ebenfalls bei YouTube eingespeisten Szenen-Schnippseln ihrer Originale verglichen zu werden. Auch die Gag-Form, auf die Family Guy allgemein am liebsten festgelegt wird -- ich zitiere die Wikipedia: frequent "cutaway gags" - jokes in the form of tangential vignettes that do not advance the story --, eignet sich in ihrer inhaltlichen und strukturellen Geschlossenheit perfekt für die unverbundene Ausstellung in der Internet-Videoplattform.

Die Liebe der Serie zu zurückliegenden Unterhaltungsformen -- allen voran die Liebe von Serienschöpfer Seth MacFarlane zum Musical -- schlägt sich so in ihrer Form selbst nieder: Family Guy ist zu seinen besten Zeiten einfach eine reine Nummernrevue. Die Erzählung der einzelnen Folge, das hat die Family-Guy-Parodie von South Park richtig erkannt, ist meist nur noch Aufhänger für möglichst viele dem Narrativ völlig unverbundene Einschübe absurder Kultur-Mash-Ups. Der stete Witz liegt in der Penetranz dieser krassen strukturellen Unverbundenheit und desweiteren einer meist nicht minder krassen Inkompatibilität der miteinander verschalteten Kultur-Synapsen innerhalb dieser Einschübe.

[Hier war mal ein YouTube-Embed, nun ist hier nur noch dieser Link aufs Video.]
Dieser fünfeinhalbminütige Chicken-Fight-Cutaway nimmt ein Viertel der Länge der Family-Guy-Folge ein, die ihn enthält.

Die Penetranz der Einschübe schlägt sich oft auch in ihrer Länge nieder: Von der zweiundzwanzigminütigen Gesamtdauer einer Folge geht schon gerne ein erheblicher Prozentsatz für Passagen drauf, die nichts, aber auch gar nichts mit der jeweiligen Folgenhandlung zu tun haben. Ein beliebtes Beispiel sind die Kämpfe des Serienfamilienvaters Peter Griffin mit einem anthropomorphen Huhn, die mitten in eine Folge aus dem Nichts hereinbrechen, einen langen übersteigerten Actionfilmexkurs von mehreren Minuten Länge ermöglichen und nach dessen blutrünstigen Ende sich in eine achselzuckende Weiterführung der überhaupt nicht tangierten Folgenhandlung auflösen.

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Family Guy dekonstruiert Gag-Dramaturgie mit Vorliebe auf ähnliche Weise wie seinerzeit in Monty Python's Flying Circus. Pointen werden abgeschnitten oder weit über ihren Komik-Effekt hinaus ins Unerträgliche repititiv ausgedehnt. Übertreibung wird übertrieben. Das literarisch duldbare Phantastische wird unliterarisch realistischen Bedingungen unterzogen. Wenn der sprechende Familienhund und das sprechende Familienbaby miteinander kämpfen, dann gerät das nicht zum niedlichen Slapstick, sondern zu einer grausigen Gewaltorgie mit echtem Blut und Schmerz. Andere Male wird einfach schamlos Sendezeitvernichtung gespielt, wie bei Harald Schmidt in seinen besten Tagen.

Ja, doch. Family Guy finde ich toll.

Saturday July 28, 2007

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Kommentare

  1. Peter Hengl / 29. July 2007, 10:03 Uhr

    Witzig, dass du die gerne vergessene Mainstreamigkeit der Simpsons ansprichst – die hatte ich nämlich auch gerade erst erwähnt – allerdings, ohne dann eine großartig-eloquente Analyse Simpsons vs. Family Guy folgen zu lassen.

  2. Christian / 29. July 2007, 16:01 Uhr

    Peter: Danke ;-)

    Aber dein Eintrag ist auch nicht von schlechten Eltern, hab ihn grad gelesen :-)

    (Gewisse Synchronizitäten in der Themenwahl sind wohl ob des aktuellen Simpsonsfilm-Starttermins nicht zu vermeiden ;) )

  3. nana S. / 29. July 2007, 18:07 Uhr

    Und trotzdem waren die Simpsons die ERSTEN mit der Gagkultur, der übertriebenen Übertreibungen und den sinnlosen Sinnlosszenen! Alles andere sind Trittbrettfahrer!

    Liebe Grüße

  4. Christian / 29. July 2007, 18:23 Uhr

    nana S.: Monty Python’s Flying Circus ist älter als sie alle! ;-)

    P.S.: Schön dich hier zu lesen :)

  5. Florian / 29. July 2007, 20:39 Uhr

    Family Guy, Schnickschnack. Ich verspüre nach wie vor keinerlei Bedürfnis, mehr davon zu sehen. Auch hier gilt wieder Simpsons Already Did It.

  6. Peter Hengl / 29. July 2007, 21:24 Uhr

    Pfff, Monty Python. Diese miesen Kopisten haben doch ihren ganzen Stil von Buster Keaton geklaut… ;-)

  7. Mr. Vincent Vega / 29. July 2007, 21:25 Uhr

    Muss die Quintessenz dann lauten – weil sich die Simpsons einer Integration des Internets verwehrten, sind sie nun gestriger Mainstream? Zumal jene Form des Humors, also die von Ihnen konstatierte vorder- (Family Guy) und hintergründige (Simpsons) Präsentation, letztlich auch eine Frage des eigenen Anspruchs darstellt. Zumal Family Guy seinen Referenzcharakter laut Ihnen replikatähnlich konstruiert, während die Simpsons an reiner “Verballhornung” interessiert scheinen (ist Barts Indy-Prolog nicht jedoch auch eine 1:1-Kopie des Originals?). Zumal nicht nur die Macher von Family Guy ihr Produkt als Best-Of des eigenen Geschmacks deklarieren – das trifft auch auf die Simpsons zu, die sich der MGM-Musicals schließlich schon lange zuvor in großartig geschriebenen Einlagen annahmen. Im Übrigen ähneln sich beide Formate meines Erachtens in diesem Fall, da beide überwiegend mit spezifischen Referenzen, denn allgemeinen Epochen o.ä. arbeiten. Bei den Simpsons fängt das mit A STREETCAR NAMED DESIRE an und hört – wie jüngst – mit BROKEBACK MOUNTAIN auf.

  8. Jo / 30. July 2007, 01:06 Uhr

    “Der stete Witz liegt in der Penetranz […] einer meist nicht minder krassen Inkompatibilität der miteinander verschalteten Kultur-Synapsen”

    Womit wir dann bei “Drawn Together” wären.

  9. Christian / 30. July 2007, 15:54 Uhr

    Herr Vega:

    Barts Indy-Prolog ist gerade ein sehr schönes Beispiel für Simpsons-Referenzweisen. Erst einmal ist die Szene, die da in aller Detailliertheit parodiert wird, ein bereits tausendfach anderswo parodierter nostalgischer Standard, den schon vor Internet und YouTube jeder im Zielpublikum in größter Detailliertheit im Kopf hatte. Es ist eindeutig eine Mainstream-Referenz. Bei Family Guy dagegen wird wesentlich Obskureres nicht weniger kenntnisreich verarbeit. Auch ist Barts Indy-Prolog natürlich eine Verballhornung: Das Original wird übersetzt in klassischen, so niedlichen wie harmlosen Simpsons-Familien-Slapstick, Maggies Spielzeugpfeile, der fette Homer als rollende Kugel, der dumme Homer mit der Harke als unartikulierter, gefährlicher Buschmann. Bei Family Guy würde das Originalwerk wohl weitaus weniger umfassend in die Serienwelt eingepasst, da bei Family Guy der Witz dann gerade in der absurden Inkommensurabilität der beiden Welten, zwischen dem Film und der Serie läge.

    Wenn die Simpsons einzelne Titel konkret referenzieren, dann eben vordergründig nur solche, die als Anker im populären Bewusstsein taugen – wie eben die von Ihnen benannten. Da macht Family Guy eben nicht halt und entzieht die Best-Of-Auswahl des eigenen Geschmacks einem popkulturellen Allgemeinwissensstandard als Orientierung. Und das ist es, was es eher ins Internet-Zeitalter steckt als die Simpsons. Der Internet-Nutzer fühlt sich auch von einer penetrant-lauten Referenz auf ihm Unbekanntes nicht ausgegrenzt, er ist längst ein Waten im Textmeer voller Bezüge auf ihm Unbekanntes gewohnt, er lebt nicht mehr in einem Kulturkonsens, der nur das Bekannte referenziert, sondern im Hypertext-Wikipedia-Land, wo die Erklärung und Erforschung allen Unbekannten stets nur einen Klick weg ist und so jeder Text ganz individuell nach Wissensstand in aller Kürze gelesen oder durchs Erklicken von Zusatz-Infos erweitert werden kann. Diese mediale Differenz meine ich als Differenz zwischen den Simpsons und Family Guy. Die könnten die Simpsons auch nicht überwinden, indem sie Google, Web 2.0 und MySpace in ihr inhaltliches Gag-Inventar integrierten.

  10. Christian / 30. July 2007, 15:55 Uhr

    Jo:

    Ja, bei Drawn Together fällt dann freilich alles ganz auseinander. Da gibt es aber auch gar keine kohärente Serienwelt mehr, gegen die sich irgendein anderes fiktionales Universum heterogen absetzen könnte ;)

  11. toureiro / 29. August 2007, 18:37 Uhr

    grad was im sinne dieses textes gefunden, was mich komplett verblüfft hat:
    Original – http://www.youtube.com/watch?v=NN3MGN899yE
    Family Guy – http://www.youtube.com/watch?v=oVDMEHsa9CA

  12. Christian / 03. September 2007, 16:58 Uhr

    toureiro: Ja, sehr schönes, sehr passendes Beispiel :-) Hier noch eine etwas bessere Fassung der Family-Guy-Version.

  13. jörn Hendrik Ast / 14. January 2010, 00:59 Uhr

    Och mäno….die Vids sind tot!
    Neu suchen!

    :)

  14. Gerrit Jessen / 06. June 2010, 17:19 Uhr

    Schade, hab mich gerade schon gefreut. Aber so ist das mit den Uhrheberrechten.

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