Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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Nun gerade die zweite Folge von Aaron Sorkins neuer Fernsehserie, “Studio 60 on the Sunset Strip”, geschaut, worin der Blick, den Sorkin in “The West Wing” noch aufs Arbeitsleben des persönlichen Stabes einer fiktiven US-Präsidentschaft im Weißen Haus richtete, aufs Arbeitsleben hinter einer fiktiven Cutting-Edge-Comedy-Show eines fiktiven amerikanischen TV-Networks wandert. (Über die Symbolik einer Übernahme vom Nate Corddry der realen “Daily Show” ins Cast von “Studio 60” darf spekuliert werden.)
Und ja, die Serie hat sich bereits in der zweiten Folge gut warm gelaufen. Einerseits ist “Studio 60” in seiner Methodik und Aufstellung ganz West Wing verblieben, selbes Team (teils sogar vor der Kamera), selbe Ästhetik, heck, sogar derselbe Font. Nach wie vor bekommen wir den durchgestressten Arbeitstag von Workaholics geistiger Arbeit geboten, durchzüngelt von Fragen des politischen Handlens von Issues und der Kraftoptimierung der Wirkung von Worten und Ideen, und nach wie vor scheint überall ein liberal Idealismus aufzuglänzen, der recht optimistisch letztendliche Erfolgsmöglichkeiten für sein korrektes ethisches Handeln postuliert. Wie schon “The West Wing” beginnt die Serie sogar mit einem Bashen der christlichen Rechten, um zugleich einen aufgeklärten guten Christen im Hauptfigurenpersonal auf der richtigen Seite zu etablieren.
Aber mal sehen, inwieweit es Sorkin gelingen wird, in Anwendung seiner West-Wing-Formel auf ein tatsächlich ganz anderes Themenfeld Neues zu erackern. Das Umfeld von “Studio 60” hat erhebliche strukturelle Unterschiede zum Vorgänger, deren Thematisierung auch bereits aufblitzt. Man unterliegt nun als dem Weltgeschehen vergleichsweise verantwortungsfreie TV-Show nicht mehr der gleichen Moralökonomie wie Übervaterpräsident Jed Bartlett im Weißen Haus, aber dafür den Aufmerksamkeits- & Zeitökonomien von Einschaltquoten und einem wöchentlich neu auszufüllenden Live-Ausstrahlungstermin, und in noch stärkerem Maße als die präsidentialen Redenschreiber kreativen Ökonomien der künstlerischen Wirkung, allen voran natürlich hier des Witzes. Und, oh weh, man ist nun tatsächlich nicht mehr ganz Souverän seiner selbst, der Präsident der freien Welt liegt doch in einer leicht anderen Machtposition als der Produzent einer TV-Show gegenüber einer ihm übergeordneten (zugegeben, auch hoch idealistischen) Sendecheffin eines Fernseh-Networks. Ob sich so Niederwirkung des Drucks übergeordneten Kapitals auf den Arbeitsprozess gar deutlicher wird thematisieren lassen als dort, wo einfach nur über die unterschiedliche Verteilung einiger Milliardenbeträge nach unten entschieden wird? Mal sehen.
In gewisser Weise scheint mir für “Studio 60” gerade einiges Potential darin zu liegen, dass es seine Fragen nun ohne die Aura der automatischen Relevanz verhandeln müssen wird, die das Ambiente von “The West Wing” verlieh, worin mit Pathos die Macht zur Entscheidung über Krieg und Frieden und die Zukunft eines ganzen Staates thematisiert werden konnte. Dem mag man die kulturelle Mythenbildung um die Lebens- und Werdens- und Wirkungsgeschichten populärer Fernseh-Shows und Fernseh-Gestalten entgegen setzen können. Mal schauen, was Sorkin weiter draus macht. Nach der zweiten Folge jetzt jedenfalls bin ich optimistisch; es scheint alles solide zur Entfaltung der alten wie der neuen Potentiale zu laufen.
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