Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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De Particulier à Particulier / Hotel Harabati
Frankreich 2006, Brice Cauvin, 94 Minuten
Ein junges Ehepaar nimmt einen Koffer mit, den ein freundlicher Araber auf einem Sitzplatz vergessen hat, und entdeckt darin neben merkwürdigem Arabischgeschreibsel auch eine ganze Menge Kohle in fremder Währung, mit der die beiden nix anfangen können. In einem islamistenterrorparanoiden Frankreich jedoch werden sie aufgrund ihres Fundes bald selbst paranoid, und als sie auch noch einen Haufen Fotos finden, auf denen sie auf einer Reise zu sehen sind, die sie nie durchgeführt haben, geraten sie bald völlig neben sich (und auseinander), vernachlässigen ihre sozialen, beruflichen und finanziellen Verpflichtungen, der Mann bändelt mit einem jungen Juden an und begibt sich sodann auf einen kurzen jüdischen Selbstfindungstrip, die Frau dagegen gammelt mit ihren Kindern in ihrer Wohnung polanski-deneuve-mäßig, nur etwas weniger düster, auf feinen Perserteppichen herum, überschuldet sich durch Online-Bestellungen, bis sie dann schließlich auf die Idee kommt, mit der fremdländischen Kohle einen (das ist dann eher gleichnishaft gemeint) weiteren Bodenbelag kaufen zu gehen, und da nimmt der Film dann nochmal eine viel sonderbarere Wendung …
Zuerst funktioniert “Hotel Harabati“ eher wie ein sehr langsamer Standard-Paranoia-Thriller nicht unbedingt der allerhöchsten Virtuosität, zeichnet den psychischen Wandel der Figuren jedoch bald weitaus interessanter, weniger spannungsfilmmäßig, in eine zwar einerseits wahnhafte, andererseits aber geradezu emanzipative Richtung der Überwindung von bürgerlichen Zwängen und Ängsten. Das Gammel- bzw. Experimentierleben, in das die beiden Protagonisten sich langsam reinsteigern, ist jedenfalls recht vergnüglich anzusehen, auch wenn es doch von ein bisschen Schwermut runtergezogen wird. Die nötige Positivität, die in ihrer sonderbaren Back-to-the-roots-Deutbarkeit sogar etwas ans Lächerliche ranreicht, verschafft dann das Finale, wo der Handlungsort ganz gewechselt wird.
Der Film ist sehr frei für Interpretationen und lässt vieles in seiner Handlung unaufgeklärt. Der schleichende Wandel vom Spannungs-Psycho-Film hin zum etwas verkorksten Selbstfindungstrip schreckt vielleicht die Einen am Anfang und die Anderen am Ende ab; aber unter den diesjährigen Forumsfilmen ist “Hotel Harabati“ keiner der schlechteren.
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