Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
Christian Heller a.k.a. plomlompom.
Neues Kino
Mem- & Internetkunst
Altes Kino
Film & Fernsehen
Titel A-Z
Aktuelles TV-Programm
Die Meriten von "Family Guy", mit einem Exkurs zur Gestrigkeit der "Simpsons" (14)
Gerrit Jessen, jörn Hendrik Ast, Christian, ...
Wieder Jeremy Irons und Drachen (5)
tester, tester, rrho, ...
Vortrag: Das egoistische Mem. Die Kultur der Internet-Meme (10)
Christian, Christian, Lena Waider, ...
Für alle von mir verfassten Texte auf dieser Seite gilt folgende Lizenz:
[hier war mal ein Amazon.de-Affiliate-Banner, heute aber nicht mehr; frühere Amazon.de-Affiliate-Links im Blog sind nun nur noch unaffiliierte Amazon.de-Links]
(hier war mal AdSense-Werbung, heute aber nicht mehr)
Les enfants terribles / Die schrecklichen Kinder
Frankreich 1949, Jean-Pierre Melville & Jean Cocteau
Plot
Ein jugendliches Geschwisterpaar: Die verrückte Elisabeth (Nicole Stéphane) und der schlafwandlerische Paul (Edouard Dermithe), gefangen in ihrer kleinen Wohnung, ewig in Streit und Kindereien. Ihre Mutter stirbt; nun geraten sie gänzlich außer Kontrolle. Sie vertiefen sich immer mehr in ihre ausufernde Traumwelt aus Exzentrizitäten und kuriosen Kultobjekten. Sie lieben sich abgöttisch und hassen sich mit Leidenschaft. Sie machen willensschwache Gleichaltrige von sich abhängig. Sie spielen derbe Streiche und üben sich in Geschmacklosigkeiten. Sie intrigieren gegeneinander, offen und versteckt. Am Ende, in den Besitz eines wirr zerkonstruierten Palastes gelangt, bäumt sich ihr Wahn auf in gegenseitiger Zerstörung.
Stil
Boshafte Kraft und Lebendigkeit durchzieht den Film. Musik: Bach, Vivaldi. Erzähler: La voix de Jean Cocteau mit völlig sinnlosen aber klangreichen Kommentaren. Tobendes (Nicole Stéphane) und eingelulltes (Edouard Dermithe) Over-Acting. Henri Decae an der Kamera: Künstlichkeit, Licht-Schatten-Ästhetik, übertriebene elegant-altmodische Studioatmosphäre. Zugleich: Viele Kamerabewegungen und schnelle Schnitte. Spielfreude auf allen Ebenen.
Höhepunkte
Der Film ist keinesfalls gleichmäßig und eben im Aufbau. Manches scheint fade, ist aber für den Verlauf der Handlung notwendig; erfreulicherweise beschränken Cocteau und Melville derlei aufs Allernotwendigste. Merkwürdiges, Komisches, Übertriebenes ragt dagegen vorzüglich hervor und macht den Glanz des Films aus. Eine Auswahl besonders hervortretender Szenen:
Les enfants terribles feiert die Philosophie der Intrige, des Morbiden, des Exzentrischen, des Verbrecherischen; des Überflüssigen, des Unnützen, des Kitsches, des Selbstzwecks, der Dekadenz; der bösartigen Psychospielchen, der Eitelkeit, der genießerischen Selbstzerstörung.
Besonders gefällt mir, mit welchem Glanz jene Wahnsinnigen gezeichnet werden, die die Anpassung an die Erwachsenenwelt verweigern. Natürlich, am Ende bringt es ihnen den Tod – aber was für ein herrliches Spektakel von Tod! Welche Ungeheuerlichkeiten sie sich vorher herausnehmen konnten! Der Film verleugnet die Unaufhaltsamkeit ihres Untergangs nicht, doch wen er lobpreist, ist klar: Dargelos in seiner boshaften Respektlosigkeit ebenso wie Paul in seiner verträumten Kindlichkeit und Elisabeth in ihrer leidenschaftlichen Hysterie. Die Übrigen, die Normalen, die zögerlichen kurzzeitigen Mitläufer, die am Ende doch wieder ins bürgerliche Leben zurückkehren – sie sind verdammt zu einer Existenz der Mittelmäßigkeit und des Selbstbetrugs: die reiferen Erwachsenen, die nur lächerlich gemacht werden, genauso wie Agathe und Gerard, die in einer frustrierten Vernunftehe enden.
Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen.