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monochrom: "Carefully Selected Moments"

Ok, das dehnt etwas die Definition dieses Blogs, hier eine Plattenbesprechung reinzuhauen. (Ich könnte mich ja jetzt rechtfertigen, indem ich einen Kino-Bezug zur Besprechung einer österreichischen Platte damit herstelle, dass ich vorgestern den Falco-Film gesehen habe. Aber da könnte ich auch gleich versuchen, über eine Bezüglichkeit der Besprochenen zur Internetkultur eine Bezüglichkeit zur Redefinition dieses Blogs als einem zu Phänomenen der Internetkultur herzustellen, das wäre nicht wesentlich abwegiger. Egal, ich beginne schon jetzt, mich in meinen Formulierungen zu verhaspeln.)

Jedenfalls! Empfohlen sei die neue Compact Disc “Carefully Selected Moments” des österreichischen “Kunst-Technologie-Philosophie Kollektiv[s]” (Wikipedia) monochrom (plomlompom berichtete). Sie enthält eine große musikalische Vielfalt von akustischen Erzeugnissen, die im Laufe der Geschichte von monochrom meist kollaborativ mit anderen Kräften zusammen entstanden sind, die mir alle nichts sagen, aber schicke Namen wie zum Beispiel “GameJew” oder “Max of Prey” tragen. Entstehungskontexte variieren von Einreichungen zu bemerkenswert klingenden CD-Kompilationen (etwa einer zur Würdigung aller 265 bisherigen historischen Päpste mit jeweils einem eigenen Stück, die den monochrom-Vorschlag dann aber gar nicht aufnahm) bis zur Fakerei des auch akustischen Schaffens ausgedachter österreichischer Kulturgrößen zur Repräsentanz ihres Landes auf fremdkontinentalen Biennalen. Inhaltliche Schwerpunkte liegen irgendwo zwischen Soziologie, Diskurskritik, Computer- und Internetkultur und noch einigen weiteren Sachen, die ich nicht kohärent einkategorisieren kann, die aber gut mein neuronales Netz triggern. (Der geneigte Leser möge nun bitte auf die monochrom-Seite zur CD gehen und sich dort die Booklet-Texte zu den Entstehungsgeschichten und Konzepten der Stücke durchlesen, sie geben nicht nur einen guten Querschnitt durch die CD, sondern auch durch das inspirierende Kunstprojekte-Treiben von monochrom.) Derlei ist dann verpackt in musikalische Formate wie Kunstinstallations-Elektronik, Country- und Schlager-/Volksmusik oder ein Micro-Rockmusical. Ein paar Notizen zu einigen (längst nicht allen) Stücken:

Perfekt als Einstieg gewählt im Sinne von: als Irritationsmoment den Weg für den Rest der CD frei machend, ist der erste Track “Garz” eine sich durch einen langsam aufkommenden Hintergrund-Beat zu irgendwas Rap-Ähnlichem steigernde Abfolge von gerufenen Parolen wie “Repariert, was euch kaputt macht!”, “Schießt auf Sloterdijk!” oder “Dark-Waver! 16jährige Dark-Waver! Wir kommen, um euch zu holen!” Die Konstruktion markiger Irritationssprüche erkläre ich jetzt mal pauschal zu einer Kompetenz, die monochrom besonders gut beherrschen, und hier kriegt man eine vierminütige Ballung davon, die für sich allein schon die Anschaffung des Objektes lohnen würde.

Das zugänglichste und irgendwie auch ohrwurmigste Werk ist das sechsminütige Rockmusical “myfacespace.com”, das für eine Big-Brother-Awards-Gala die Privacy-Politiken so manchen Web-2.0-Social-Networks thematisiert und gerade öfter bei mir in einer Repeat-Schleife landet; dafür eignet es sich evtl. primär durch seine Wiederholungs-Strukturen vom repititiven Ping-Pong-Dialog am Anfang bis zum repititiven Werbeslogan-Chor am Schluss, glänzt aber auch durch einen hysterischen Mad-Man-Monolog von monochromist Johannes Grenzfurthner in der Mitte als, schauder, “The Administrator”; zu eben diesem Werk sei auch diese Video-Aufzeichnung seiner ursprünglichen Aufführung empfohlen (wobei die Neuaufnahme auf der CD musikalisch besser funktioniert als die Tonspur des verlinkten Videos).

Schon vorher eines meiner Lieblingslieder von monochrom war “Farewell To Overhead”, ein nostalgisches Stück über die ausgestorbene (Kultur-)Technik des Overhead-Projektors (bei mir in der Schule sagte man ja noch “Polylux”, die ostdeutsche Sozialisation des Lehrbetriebs, ne), das hier auch in einer Fassung abgelegt ist, die aber etwas anders ist als die, die ich bisher kannte, etwas mehr emo und zuweilen fast schon walzerförmig. Ist nostalgisch vielleicht sogar angemessener so, aber die ältere Version hat sich bei mir bereits so stark ins Hirn eingeätzt, dass ich sie weiterhin dieser Variante vorziehe.

Erbaulich schlägt bei mir “Die wichtigsten Gründe” auf, das im musikalischen Gewand von “pop folksong mainstream” (Booklet-Text) überaus schunkelig vom Aufeinanderprallen von Wissenschafts- und Genderpolitik singt, über Abwehrmechanismen im akademischen Betrieb der Mediävistik gegenüber einer Arbeit, die eine weibliche (Nonnen-)Autorenschaft des Nibelungenlieds theoretisiert. Es entfaltet einen guten Effekt, wenn Sätze wie “Es ist ja ganz egal / wer hier wirklich Autor war / der war ja Autor nicht / er war nur Funktion” so vorgetragen werden wie der Liedtext einer volkstümlichen MDR-Weihnachtsgala-Liednummer, und verwirrt auf jeden Fall produktiv die reflexhafte Zuschreibung von Kleingeistigkeit an das eine oder das andere.

Zur schon weiter oben in Klammern erwähnten Päpste-Kompilation gebaren monochrom eine Hymne, “Hello Lando” über das Wirken von Papst Lando, der im Jahr 913 wirkte und über den genau gar nichts überliefert ist, außer dass er wohl mal eine Kirche in seinem Heimatort gestiftet hat, was ihn wiederum für monochrom sehr lobenswert macht, denn (“no history is good history”) ein Papst, dessen Handlungen keine weiteren Spuren hinterlassen haben, kann ein so übler Papst nicht gewesen sein.

Sehr LSD-hippiesk klingt “Flowers”, dessen englischen Text ich nur eingeschränkt verstehe, das aber wohl laut Booklet-Text Themen-Song einer Blumen-basierten Alternativwährung sein sollte, in die monochrom einen Anti-Geld-Reflex ventilisierten. Noch weniger textlich verstehe ich, offenbar mangels Österreichisch-Kenntnis, “Im söbn Boot” und “Die oide Celtic Frost”, wobei letzteres sich durch die vom Booklet-Kommentartext nahegelegte Vorstellung retten kann, dass es einen Gesang von Noam Chomsky vor der Kulisse des ZDF Nachtstudios über seine Begeisterung für Metal-Musik wiedergeben soll.

Inhaltlich, nämlich arbeitskulturenanalytisch, noch besonders markant ist “Lidl-Girl”, das Sehnsuchts-Lied eines To-Do-Listen-geplagten Freelancers mit ungeregelten Arbeitszeiten gegenüber dem von ihm vorgestellten Arbeitsleben mit festen Arbeitszeiten und festem monatlichen Lohn jener Lidl-Supermarkt-Angestellten, bei der er sich seinen Kaffee zum Durchmachen der Nächte bis zur frühmorgendlichen Deadline besorgt, während sie nach klar definiertem Schichtende im trauten Heim vor dem Fernsehen abschalten könne. Eine Analyse einiger Befindlichkeiten von Digitaler Bohème und neuer Selbständigkeit, die ich durch meine Assoziation mit dem Hallenprojekt.de (“Neue Orte für neues Arbeiten”) vor allem bei Liedzeilen wie “Kennst du diese Einsamkeit von Arbeiten zu hause?” interessiert aufgesogen habe.

Zur gesangsfreien Klangberieselung mehr oder weniger geeignet sind “Der Oxo Raster” und “Tonki Gebauer: Song”. Ersteres ist, laut Booklet-Text über die Anerkennung der These, dass Flatulenzen das wesentliche Medium zum Anlocken außerirdischer Existenz seien, eine Homage an einen (diese später durch Carl Sagan validisierte These präsentierenden) Louis-de-Funes-Film über ein Nachspielen von dessen Raymond-Lefèvre-Score, das ursprünglich für ein Album mit dem tollen Titel “Wir essen Krill, den Welternährer. Ein Erlebnisbericht”, das hier online angehört werden kann, produziert wurde und sich auf heitere Weise exotisch anhört. Zweiteres ist der zehnminütige Auszug eines einstündigen Versuchs, den experimentell-elektronischen Soundtrack zu imaginieren, den der fiktive Wiener Video-Künstler Tonki Gebauer zu seinem “critical video remix” von Fritz Langs Ring der Nibelungen für die Biennale zu Sao Paulo gebastelt haben mag, ein “brave but forlorn fight with pettiness and arbitrariness for 60 minutes” (Booklet-Text), den man sich in Bild und Ton voller Länge staunend (staunend, wirklich) hier angucken kann (auch hier gilt wieder: die Tonspur des Videos ist dem Track auf der CD um Welten unterlegen). Mir fehlen die Worte, habe es spontan zu einem meiner Lieblingsprojekte von monochrom erkoren.

DISCLAIMER: Ich bin, falls man das bei Lektüre des obigen Textes noch nicht gemerkt haben sollte, ein ziemlicher monochrom-Fan.

Monday June 9, 2008

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Kommentare

  1. fra / 12. June 2008, 15:08 Uhr

    “Schießt auf Sloterdijk”?
    Nö. Das Gegenteil ist der Fall:
    “Schieß doch, Sloterdijk!” soll es heissen.
    Vielleicht haben wir undeutlich geplärrt. Egal.

  2. schnalle / 25. June 2008, 13:39 Uhr

    außerdem sieht die salzlampe am cover aus wie eine vagina (jedenfalls denkt das die mehrheit).

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