Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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Berlinale 2007 #31: The Halfmoon Files
BRD 2007, Philip Scheffner, 87 Minuten
Recherche-Film. Eine Aufnahme des preußischen Klangarchives, ein Inder, der in Punjabi seine Geschichte erzählt, Kriegsgefangener im 1. Weltkrieg; Spurensuche: mit der Armee seines Kolonialherren England in einem deutschen POW-Camp bei Wünsdorf gelandet, das der Kaiser speziell für orientalische Häftlinge errichten ließ, um sie durch gute und kulturtreue Behandlung gegen ihre Kolonialmächte aufzuwiegeln, und dann von Wilhem Doegen in anthropologischer Mission aufgezeichnet.
Das Interesse des Films gleitet von der Geschichte des Häftlings ab zu den Paradigmen der Erzeugung, Verwaltung und Verwertung von historischem Archivmaterial, der Produktion von Geschichte, der Spurenhinterlassung und Spurenkonstruktion des Vergangenen; Verweigerungsgeste gegenüber der Romantisierung “historischer Distanz”; wenn eine Tonaufnahme gespielt wird, dann in voller, unmanipulierter Klarheit der Tonspur (soweit als möglich ohne heimeliges Knistern) und ohne Hinzunahme, Anschmelzung ideologisch passender Bilder in Sepia-Tinting, stattdessen: Isolierung des einzelnen Dokuments, große Teile des Films beim Vorspielen von Klangdokumenten in Schwarzbild, bei Hinzunahme von Bild stets Kommentierung des Auswahlgedankens; Reflektion der historischen Sinnbildung durch die Kombination von Bild, Text, Klang.
Reflektion auch der Ideologieverhaftetheit jedweder Katalogisierung der Gegenwart, die Aufnahmen der Inder, Afrikaner usw. aus dem muslischem Gefangenenlager entstanden aus anthropologisch-ethnologischen Völker- und Rassenschau-Ideen, selbst im konkreten hiesigen Einzelfall weiterverwertet bis in NS-Propaganda, bis weiterverwertet noch in die Wirtschaftswunder-BRD, dort Radiopräsentation exotischer Klänge aus dem “Busch”, die ehrfurchtsvolle Trommelverkündigung der Ankunft eines Weißen, mit Kriegsgefangenen und aus dem Museum hinzugezogenen Buschtrommeln ‘authentisch’ ‘nachgestellt’.
Die Schwierigkeit bis Unmöglichkeit, historische Daten und Dokumente über größere kulturelle und politische Quellenklüfte hinaus befriedigend zu korrellieren, das vermeintliche Dorf des Inders scheint gar nicht mehr zu existieren, und wenn, dann hinter der heutigen Grenze zu Pakistan, der Verbleib von archivierten Informationen ungewiss; die vermeintliche “Auflösung” am Ende in der Meldung eines vermeintlichen Nachkommens des Inders, die nur als die gültige angenommen wird, weil sie von einer Vielzahl von Thesen als die plausibelste erscheint.
Daniel, der Film hätte dir vielleicht gefallen ;-)
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