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Milos Forman und Buñuels Drehbuchautor

Sneak Preview: Goya's Ghosts / Goyas Geister
Spanien/USA 2006, Milos Forman, 114 Minuten.

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Der Maler Goya (Stellan Skarsgard) ist hier nur eine Nebenfigur, primär Werkzeug zur Vorantreibung der Handlung. So nimmt sich Forman von ihm erfreulicherweise auch kaum Gelegenheit, in triefende Künstlerromantik abzugleiten (ein, zwei Ausnahmen, pompös musikalisierte Herstellung eines Druckes sowie eine Montage von Goya-Bildern mit realen Greueln, übersehen wir mal geflissentlich; ansonsten gibt es noch die musikalischen Montagen von Goya-Werken im Vor- und im Abspann, die jedoch ziemlich für sich selbst stehen und darin durchaus erträglich sind), und auf ermüdende Pastiche-Spielereien wie der filmischen Nachstellung eines vermutend rückprojizierten Künstler-Stiles verzichtet er erholsamerweise ebenso. Was die Kritik allerdings, die sich einen weiteren Amadeus-period-piece-Künstler-Biopic erwartet hat, nun breit zu bejammern und Forman vorzuwerfen weiß.

Eine sehr viel interessantere Figur als seinen Film-Goya -- der in erster Linie sorglos und unrebellisch zwischen seinen lieben Geldgebern in Inquisition, Königshaus und reichem Bürgertum umherhüpfen darf -- findet der Film im Inquisitor Lorenzo (Javier Bardem). Der wird in einem Zug eingeführt als einerseits sympathisch intelligenter und mutiger Verteidiger, wider die empörten Zensur-Rufe seiner Genossen, von Goyas freiem künstlerischen Ausdruck einer unglücksdurchzogenen realen Welt; und zugleich deduziert er hieraus energisch die Forderung einer Wiederaufnahme älterer unzimperlicherer Gangarten der Inquisition, zur erneuten Reinigung dieser realen Welt vom durch Goya dargestellten spirituellen Unglück, das sich auf das Treiben heimlicher Freigeister, Juden und Protestanten zurückführen lasse. Da muss die liberale Sympathiesuche des Zuschauers erstmal schlucken.

Dies ist eine der Schönheiten dieses Filmes: Er erlaubt sich diskursive Konsequenz. Er knickt die diskursiven Positionen der Figuren nicht unter Psychologie oder Moral oder persönlicher Verlogenheit ein, wie sie als Diskussionsgrundlage doch sonst so gern im Mainstream-Kino beschworen werden; bis auf einen kleinen Sexualtriebs-Ausrutscher lässt sich insbesondre die zwielichtige Figur des Lorenzo von alledem nicht aus einem zivilisierten Streitgespräch mit konträren Meinungen, in dem Argumente ernsthaft und konsequent ausgetauscht und durchdekliniert werden, zurückhalten.

Im Folgenden als Beispiel ein Spoiler zum ersten Teil des Filmes: Goyas Muse Ines (Natalie Portman) gerät nach Lorenzos feuriger Wiedererweckung des guten alten Inquisitions-Apparats in eben dessen Fänge und wird der peinlichen Befragung (Folter) unterzogen, bis sie eingesteht, eine Krypto-Jüdin zu sein. Ihr Vater bittet daraufhin Lorenzo zu sich, und es entbrennt ein Streitgespräch über die Validität unter Inquisitions-Folter gewonnener Aussagen; Lorenzo besteht festen Glaubens darauf, dass Gott einem gottesfürchtigen Gefolterten die Kraft verleihe, unter den schlimmsten Qualen noch die Wahrheit zu sagen. Die dem absoluten Wahrheitsanspruch dieses Dogmas entgegengerichteten Einsprüche des Vaters und Goyas sind natürlich in ihrer Berufung auf bloß behauptete empirische Möglichkeiten -- ich wäre nicht dazu fähig -- argumentativ viel zu schwach. Was tut der Vater also? Er setzt Lorenzo ein Geständnis vor, dieser sei Sohn eines Orang-Utans und böswilliger Affen-Unterwanderer der Kirche, und zwingt ihn mittels spontan improvisierter Folteranordnung, zu unterzeichnen. Man sieht Lorenzo sein ehrliches Bemühen an, vom Kronleuchter baumelnd dennoch gottesfürchtig zu widerstehen, aber natürlich signiert nach Zusammenbruch jeder Widerstandskraft seine zittrige Hand das Papier. Q.E.D.

Nun ist dies vielleicht die wunderbarste Szene des Films. Die Absurdität, mit der die vornehme Abendgesellschaft, in der vorsichtigsten Ausdrucks der gutmütige Kaufmann an den mächtigen, gefährlichen Inquisitor appelliert, umschlägt zur spontan aus der barocken Inneneinrichtung improvisierten Folterkammer für die Malträtierung des letzteren im Rahmen einer logischen Beweisführung, wird durch die nachträgliche Einordnung in ein Erpressungsvorhaben kaum gedämpft. Man darf hier wohl den Einfluss von Jean-Claude Carrière,
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Der Roman zum Film!
der das Drehbuch mitverfasste, nicht unterschätzen: Der Geist seiner blasphemisch-surrealistischen Kollaborationen mit Luis Buñuel ein Dritteljahrhundert zuvor glänzt subtil an mancher Stelle in "Goya's Ghosts" auf, in der zynischen Verspieltheit, mit der die Greuel der Inquisition und das Gemetzel napoleonischer Befreiungsideologien gleichmütig hin und her jongliert werden, in der Freude an absurden Bildern und Grausamkeiten -- der in jeder seiner Szenen komische König Karl IV. (ein aufgequollener Randy Quaid) auf Geierjagd, oder der Übergang von lustiger Büßermütze zu Garotte, das nekrophil-romantische Schlussbild mit Leichenwagen --, vor allem aber in wahnwitzigen inhaltlichen Sprüngen und Totalumschlägen, wenn aus einer die Idee einer Natalie Portman darstellenden Natalie Portman mittels eines Schnitts von fünfzehn Jahren ein (dank Inquisitionsgefängnis) prachtvoll verunstaltetes debiles Krümelmonster wird oder Bruder Lorenzo unter der Flagge Napoleons als auch hierin nun ehrlich überzeugter Liquidator der Inquisition im Namen der Aufklärung angeritten kommt. Hier verkneift sich "Goya's Ghosts" auch jeden entschärfenden psychologischen Entwicklungsroman (Lorenzo darf immerhin kurz erzählen, dass er zwischendurch Voltaire und Rousseau gelesen habe, aber psychologisch befriedigt das natürlich nicht) und setzt einfach vergnügt Gegensatz auf Gegensatz. (Auch das wieder etwas, was den Kritikern, die feingliedrig-graduelles character development erwarten, nicht gefallen hat. Dabei erspart es viel Langeweile.)

"Goyas Geister" kommt am 23. November in die deutschen Kinos.

Tuesday November 21, 2006

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