Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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Seminar-Notiz: “What Time Is It There?” / “Ni neibian jidian”
Ming-liang Tsai bzw. Tsai Ming-liang, Taiwan/Frankreich 2001
“What Time Is It There” ist, mit einigem herausblinzelnden Kunstwillen verfasst, gegliedert in Szenen langer, statischer Einzeleinstellungen, über die sich das Narrativ elliptisch und irritierend entfaltet: Sinn, Witz oder Verhältnis einzelner dieser Narrationseinheiten zu den übrigen ist zu Anfang einer jeden mehr oder weniger unklar, ergibt sich frühestens nach einer Weile, oder vielleicht sogar erst aus einer späteren Szene rückblickend, über die Interpretation des Zuschauers, wird in jedem Fall stets mindestens in einem Maße herausgezögert, das eine über bloßen Zerstreuungswillen hinausgehende Deutungsfreude des Zuschauers voraussetzt.
Ein besonderes Augenmerk auf diesen Mechanismus bietet sich in seiner räumlich gliedernden Funktion an: Das narrativ unvermittelte Hineinspringen in neue Szenen ist vor allem auch ein Umherspringen zwischen den zwei geographisch wortwörtlich entgegengesetzten Handlungsorten Taiwan und Paris, das ohne die Vermittelung irgendeiner physischen Arbeit des Ortswechsels sich vollzieht, wodurch nicht nur zuweilen anfängliche Unklarheit über den Ort herrscht (die erste Szene in Paris, das Sitzen in einem Lokal, erschließt sich im Verbund mit narrativem Vorwissen geographisch erst durch die eindeutige Identifikation aller Lokal-Gäste außer der weiblichen Hauptfigur als Europiden; in einer späteren Szene dagegen tritt, in einer über die Architektur nicht leicht geographisch identifizierbaren Toilettenumgebung, zu einer nur von hinten sichtbaren Figur, von der man durchaus auch annehmen könnte, es sei die in Taiwan befindliche Mutter des männlichen Protagonisten, eine weitere Asiatin hinzu, so dass zuerst—fälschlicherweise—die Lokalisierung in Taiwan naheliegt), sondern auch jedes Gefühl für die enorme räumliche Trennung der Figuren der verschiedenen Szenen nivelliert wird; der Wechsel von einem Kontinent zum anderen fühlt sich nicht mächtiger an und vollzieht sich nicht mühseliger und kontrastreicher als der von einer Straße in Taiwan zur anderen.
Dieses mediale Verwischen räumlicher Differenz spiegelt sich in der Diegese darin, dass der männliche Protagonist sich geistig über den Dauer-Konsum von Truffauts “Sie küssten und sie schlugen ihn” von Taiwan aus derart nach Paris versetzt sieht, dass er alle Uhren seines Umfeldes auf Pariser Ortszeit umzustellen versucht. Die komischen Verwirrungen, die dadurch entstehen, sind Manifestation eines Widerspruchs zwischen medial vermittelter, a-physischer Globalisierung und der physisch erfahrenen Wirklichkeit geographischer Unterschiede, wie sie zum Beispiel in der Verschiedenheit der Tageszeit an entgegengesetzten Erdpunkten sich ergibt.
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