FaF-Sneak-Preview:
The Namesake / Zwei Welten, eine Reise
USA 2006, Mira Nair, 120 Minuten
Fades, langatmiges, reaktionär-moralistisches Arthaus-Rührstück über die Selbstfindung einer indischen Familie in den Vereinigten Staaten.
Aus dem indischen Ausgangspunkt, den der Film assoziiert mit Heimat, Tradition, Vater, Kultur, und farbtemperaturlich Wärme, zieht eine junge Frau (Tabu) mit ihrem wohltätig elternhäuslich arrangierten Gatten (Irfan Khan) in den 70ern nach Amerika, wo der Gatte akademisch in Glasfasertechnik macht (quasi eine Vorstudie des importierten IT-Inders?), in eine Ferne, die der Film mit Liberalismus, Individualismus, Entfremdung von den Wurzeln und farbtemperaturlich -- zumindest anfänglich, bevor durch stückchenweise Hinzuholung einer ganzen Exil-Inder-Gemeinde ins Filmbild wieder ein bisschen Heimat und Wohligkeit hergestellt ist -- Kälte assoziiert.
Den Schritt in die kulturelle Ferne macht zumindest der in den USA geborene Sohnemann (Kal Penn) gerne mit, er ändert seinen Namen, den ihm sein Vater noch bedeutungsschwanger gab, er macht mit einem weißen Wohlstandstöchterchen rum, anstatt eine Bengalin zu heiraten, er kifft und ruft vor lauter Karriere und weißen Freunden seine Eltern kaum an.
Dann kommt das reinigende Feuer, der Vater stirbt, der Sohn bereut
big time, ekelt seine blonde Freundin fort, zieht sich traditionelle Kleidung über und fährt heim zum Ganges, um dort die Asche seines Vaters zu verstreuen. Er heiratet auch eine Bengalin. Die ihn aber für einen Pariser namens "Pierre" verlässt. Aber auch das bringt ihn nicht mehr vom rechten Pfad ab, denn nun weiß er, wo er Halt findet: in den Traditionen, in der Vergangenheit, in seinen alten
Die Romanvorlage von Jhumpa Lahiri.
Familienerinnerungen. Die Mutter geht noch einen Schritt weiter und fährt ganz nach Indien zurück, um dort Gesangsstunden aufzunehmen, die sie am Anfang des Films, als junges noch unverheiratetes Mädel, für ihren Fortgang nach Amerika aufgeben musste. Sie wickelt sich wieder in ihre familiär-heimatliche Jugendzeit ein. Ende.
Der Film ist quasi Nachbildung des alten Freddy-Quinn-Liedes "Unter fremden Sternen":
Fährt ein weißes Schiff nach Hongkong,
hab ich Sehnsucht nach der Ferne -
Aber dann in weiter Ferne,
hab ich Sehnsucht nach zu Haus.
Und ich sag zu Wind und Wolken:
Nehmt mich mit, ich tausche gerne
all die vielen fremden Länder
gegen eine Heimfahrt aus.
Interessant fand ich eigentlich nur, wie er diesen Triumph der Vergangenheit über Gegenwart und Zukunft formal aufbaut; diverse Teile der ersten Filmhälfte erweisen sich gegen Ende als bloßer setup für finalen Rückblenden-pay-off, der die bereits gesehenen Szenen rekapituliert, farblich etwas ermattet, aber inhaltlich / moralisch mit neuem Gewicht versieht, schließlich sogar ausdehnt. Der Sohn erinnert sich zum Schluss an eine Strandszene mit seinem toten Vater, die nun um ein Romantisches Genießen der Unergründlichen Tiefe und Unendlichkeit des Augenblicks verlängert ist, die also dazu auffordert, ganz in ihr, diesem Moment der Vergangenheit, zu verharren, um Wahrheit und Sinn und Erfahrung zu finden.
Um Centauri-Imperator Turhan zu zitieren: "The past tempts us, the present confuses us and the future frightens us" (Babylon-5-Drehbuchfeder Joe Michael Straczynski), da bietet sie sich natürlich an, die Flucht in die Vergangenheit, in die Erinnerung, in das Gewesene, um der Moderne und der Zukunft auszuweichen. The Namesake pflegt einen verklärenden Blick auf Tradition, Ursprung und das Zurückliegende, der schon nicht mehr
Der Soundtrack von The Namesake.
Nostalgie (diese bleibt sich der Vergeblichkeit ihres Sehnens stets bewusst), sondern Aufforderung zur Rückbesinnung ist. Tradition vor allem wird mit einer Sinnhaftigkeit aufgeladen, die gegen individualistische Versuchungen der Moderne sich durchsetzt; die wirkungsvoll sich niederlegende Sinnhaftigkeit des Namens, den der Vater dem Sohne gab; das Geglücktsein der elterlichen Gatte-Gattin-Kombination, die sich aus der elternhäuslich arrangierten Heirat ergibt und über die Jahre und Erfahrung zu wahrer Liebe sich erwächst.
Die deutsche Synchronisation übrigens klingt furchtbar. Warum müssen fremde Ethnien so akzentuiert synchronisiert werden, dass sie wie irgendwas zwischen naivem Kleinkind und
mentally challenged klingen? Mehrere Jahrzehnte und von frühem Alter auf eine Sprache zu sprechen, wie diese Figuren hier, dürfte doch ein gewisses Mindestmaß an Selbstbewusstsein in dieser schaffen.
"The Namesake" kommt am 7. Juni in die deutschen Kinos.
Wednesday June 6, 2007
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