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Transhumanistische Propaganda: Vitus

Vitus
Schweiz 2006, Fredi M. Murer, 122 Minuten.

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Cleveres Wunderkindfilmchen, das sich zuerst gekonnt mit einigen falschen Fährten dem Verdacht auszusetzen weiß, eine weitere banalsentimentalische Durcharbeitung des reaktionären Motivs des von der Welt missverstandenen Genius-Sonderlings zu sein, der doch am liebsten nur ein ganz normales Kind wie alle anderen wäre; doch bereits die unter diesem Stern stehende erste Hälfte deutet einige erstaunliche Aspekte, Bezüglichkeiten und Potentiale an den Rändern an, die sich in der zweiten Hälfte ausformuliert finden werden:

Der Vater von Vitus zum Beispiel steht als Entwickler von Hörhilfen an der vordersten Front zeitgenössischer Anfänge des Cyborg-Zeitalters und möchte die Hörhilfe tatsächlich als begehrenswerte, fähigkeitenoptimierende Erweiterung statt als bloßen Anpasser an die Wahrnehmungsnorm der Allgemeinheit durchsetzen; bereits dass er auch Vitus mit seinen Experimenten ausstattet, drängt den Film in die transhumanistische Ecke, die Fortentwicklung des bisherigen Menschen durch inhärente (Vitus von Geburt an) wie extern-maschinelle Aufwertung seiner Potentiale.

Dementsprechend erweist sich Vitus' Problem seiner Sonderposition im Weiteren auch nicht als Bedürfnis, der Normalität anzugehören (auch wenn das Drehbuch, in Vorbereitung der falschen Fährte, ihn dies selbst irgendwann, in Lüge, behaupten lässt), sondern als Inkompatibilität seines Überschusses an Talenten und Interessen mit der konformismusgeleiteten Eindimensionalität, die eine bürgerliche Lebens- und Karriereplanung des überkommenen Angestelltenzeitalters nahelegt. Was anderswo bereits das Happy End wäre, das Erlangen von Normalität, wird hier von Vitus nur gefaked, um im Geheimen freier für sich weiter werkeln zu können und so seine Talente als Übermensch vollends zu entfalten, wie es der von der alten Gesellschaft der leitungsbedürftigen Schwachen angebotene Lebensweg nie verstattet hätte.

Auch strukturell folgt der Film nun ganz Vitus' Initiativcharakter; anstatt ihn zum hilfsbedürftigen Objekt verständnisvoller Toleranz und Einfühlung seiner Mitmenschen zu machen, macht er umgekehrt seine erwachsenen Mitmenschen zu seinen Spielfiguren, mit deren Schicksalen er bald geschickt zur Erzeugung seines eigenen Happy Ends herumhantiert: Schön, wie er da seinem Großvater Bruno Ganz aus der finanziellen
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Der Vitus-Soundtrack, gewiss mit viel Klaviergeklimper.
Misere hilft, zynisch, wie er dafür erstmal den Niedergang der bürgerlichen Karrieren und Lebensaussichten seiner Eltern ausnutzt, auch wenn er es natürlich im besten überlegenen Wissen um auch ihr abschließendes Wohl tut. In jedem Fall jedoch gerät Vitus in der zweiten Hälfte zum zwar nicht omnipotenten (das Mädchen immerhin kriegt er nicht ... so ganz, oder gar nur jetzt noch nicht, darf man wohl mutmaßen beim abschließenden Blumenstrauß), aber doch alleinigen aktiven Pol.

Und das Rumoren dieses Pols wird bemerkenswert optimistisch und frei von schlechtem Gewissen erfolgsbejahend durchexerziert, wie es das Sentimentalkino sonst kaum vermag: Arroganz gegenüber Gleichaltrigen und Lehrern wird unkritisch als berechtigter Humorlieferant genommen, die Cleverness im Austricksen der besorgten Mitmenschen gefeiert, die Überlegenheit über die alte Gesellschaft und Menschheit gepriesen. Seine positiven Bilder findet der Film bald in durch Intelligenz und Insiderwissen getriebene Erfolge Vitus' im Finanzkapitalismus, der Börsenspekulation auf dem Rücken von Massenentlassungen (aus der Firma seines unglücklichen Vaters) und im protzigen Technospaß-Gerät, dem Flugsimulator, den sich ein nun dank Vitus Millionär gewordener Großvater Bruno Ganz in die Scheune stellen kann. Als dieser sich dann auch noch ein Sportflugzeug kauft und damit verunglückt, bereut er nicht etwa christlich, im Sinne eines Zu-Hoch-Hinausgewollt-Seins, sondern weiß zu berichten: er sei geflogen, habe sich einen Lebenstraum erfüllt. Nun mag er zufrieden sterben.

Die hymnische Abschluss-Sequenz schließlich montiert dann alle Enderfolge Vitus', Erlangung höchster gesellschaftlicher und finanzieller Stellung seiner Familie, anarchisches Ausleben des Fliegereitriebes, Ausarbeitung des Pianogenies, Würdigung der eigenen Potenz durchs begehrte andere Geschlecht, zu einer bürgerlich-protestantisch unerhörten Omnipotenz-/Gottwerdung auf Erden ohne Verzicht auf Irgendetwas, die sich mit dem allgemeinen Bild der Schwäche des Menschen nicht mehr vereinen lässt und so positiv nur noch begreifbar wird als, bewusste oder unbewusste, Vorschau -- über den Umweg des (rational noch nicht begründeten) Wunderkindes -- auf einen transhumanistischen Übermenschen der Zukunft.

"Vitus" kommt am 21. Dezember in die deutschen Kinos.

Tuesday December 12, 2006

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