Notizen zu kulturellen Bespaßungen der Neuzeit von
Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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Thank You For Smoking
USA 2005, Jason Reitman, 92 Minuten
Im beackerten Feld steht “Thank You For Smoking” somit der “Daily Show” nahe, widmet ihm allerdings ein professionelles Interesse an Arbeitsweisen, Motivationen, Persönlichkeiten und prozessualen Zusammenhängen, das trotz seines humoristischen Ansatzes eher den Einblicken in Leben und Beruf politischer Redenschreiber und press secretaries in “The West Wing“ nahekommt als dem dekonstruierenden Klamauk eines Jon Stewart. (Tatsächlich hält der Film eine kleine Rolle für West-Wing-Star Rob Lowe parat, die zwar politisch und funktionell etwas anders ausgerichtet ist als sein Sam Seaborne, intellektuell und rhetorisch ihm jedoch durchaus nahe steht.) Als Zuschauer gerät man durch dieses Interesse nicht nur am Was, sondern am Wie, in eine paradoxe Situation: Man bejubelt selbstzufrieden die Offenbarmachung des verabscheuten Lobbyisten-Zynismus, zugleich bejubelt man aber seine ausgefeilten Strategien, gewitzt hinterhältigen Argumente und glanzvoll bösartigen Erfolge. Im zusätzlichen Verbund mit soliden, durchaus selbstbewussten und sympathischen Charakterzeichnungen durch Drehbuch und Darsteller kann man gar nicht mehr anders, als beim finalen Congressional Hearing für die “Merchants of Death” zu rulen, das Lobbyisten-Trio, das mit Falschheit, Verlogenheit, Schamlosigkeit das Böse verteidigt, und dem sowieso vom ewigen Verlierer William H. Macy gespielten Anti-Tabak-Senator fröhlich die Zunge herauszustrecken.
So scheint es naheliegend, “Thank You For Smoking” die moralische Gleichgültigkeit eines Technikers vorzuwerfen, der sich in die Eleganz und Schönheit einer Tötungsmaschine verliebt. Aber so einfach macht es der Film sich auch nicht: Tatsächlich räumt er der moralischen Selbstreflektion seiner Hauptfigur einigen Raum ein und verweigert sich dem einfachen Weg, ihn einfach dummes Zeug reden zu lassen; er setzt diese Auseinandersetzung z.B. einige Male in die Konversation mit seinem Sohn, den er durchaus ernst genug nimmt, um ihm nichts vorzuschwindeln. Jeder muss sein Geld irgendwie verdienen, warum also nicht mit dem, was er am besten kann; und warum sollten die unsympathischsten Big Corporations nicht das gleiche Recht auf argumentative Selbstverteidigung haben wie jeder Andere auch? Natürlich reichert der Film eine solche Antwort sogleich mit polemischen Bildern von grinsenden Robbenschlächtern und Landminenherstellern an, und der pervertierende Missbrauch der Kunst des Argumentierens ist gewissermaßen Gegenstand seiner gesamten Laufzeit; dieser Antwort ernsthaft widersprechen tut er allerdings nicht. Es gibt einfach in einer freiheitlichen Demokratie keine einfache und moralisch wie politisch vollends befriedigende Entgegnung hierauf. Ob man die Offenlegung dieses Problems dem Film als bewusst oder gar als überaus subtile umfassendere Systemkritik unterschieben mag, ist freilich eine andere Frage.
“Thank You For Smoking” kommt am 31. August in die deutschen Kinos. Seine offizielle deutsche Werbeseite kann man sich hier ansehn.
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Dieser Film überschreitet in meinen Augen die Grenze. Er ist für mich nichts weiter als Propaganda gegen Raucher. Wenn es einen Film gäbe, in dem das Rauchen verherrlicht wird, würde das eine unvorstellbare Unruhe auslösen. Es gibt so etwas wie ein demokratisches Grundgesetz, was ja im Thema Rauchverbot völlig vergessen wird. Und somit muss ich feststellen, dass manche Nichtraucher nichts weiter als intolerante Fanatiker sind. Die Arroganz und Hochnäsigkeit derer, die sich von Rauchern belästigt fühlen, ist mehr als unverschähmt. Und wenn ihnen die Nichtraucherbereiche, für die ich Verständnis habe, nicht reichen, sollten sie sich vielleicht in einem luftdichten Raum einsperren und sich überlegen, was ihnen als nächstes nicht passt.
Tobias: Hast du den Film tatsächlich gesehen? Er geht gänzlich an dieser Konfliktlinie, die du zeichnest, vorbei. Weder nimmt er sich den gewöhnlichen Raucher zur Brust (höchstens—- und auch das nur beiläufig, weil es gar nicht sein Hauptthema ist—die Chefetagen der Tabakkonzerne), noch idealisiert er in irgendeiner Hinsicht eine Nichtraucherlobby positiv; deren Vertreter im Film sind entweder karrieristische Politiker, die eben bloß ob ihrer Karriere sich in diese Richtung engagieren, und ihre ebenfalls bloß professionell motivierten Medienvertreter, oder aber bereits Mörder und veritable Terroristen. Schwerlich einem in die Richtung, die du zeichnest, diskriminierenden Gut-Böse-Schema entsprechend.
“Wenn es einen Film gäbe, in dem das Rauchen verherrlicht wird, würde das eine unvorstellbare Unruhe auslösen.”
Ja, ich erinner mich an die berühmten Riots in Brooklyn damals, als in den 90ern “Smoke” und “Blue in the Face” rauskamen, und New York noch nächtelang brannte ;-) Mal abgesehen von den Jahrzehnten der Filmgeschichte, in denen es in Hollywood ganz normal war, das Rauchen zu verharmlosen oder gar positiv zu stilisieren ;)
Raucher sind die Geißel der Menschheit. Nuff said.
Raucher sind alle impotent. basta.