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Jodorowskys DUNE

Unmögliche, aus verschiedenen Gründen unmachbare Filme schillern oft verstörender, großartiger auf als ihre profan verwirklichten Brüder und Schwestern: Eisensteins "Das Kapital", Kubricks "Napoleon". Es gibt auch Filme, die aufgrund ihrer Unmöglichkeit zwar im Werden kollabieren, jedoch wenigstens Ruinen hinterlassen: von Stroheims "Greed", Eisensteins "Que Viva Mexico". Ganz, ganz selten allerdings gibt es Filme, die aufgrund ihrer Wahnhaftigkeit zwar unmöglich erscheinen, eigentlich zur ersten oder zumindest zweiten Kategorie zählen müssten, und unglaublicherweise dennoch existieren: "The Holy Mountain" von Alejandro Jodorowsky ist zum Beispiel ein solcher, dessen Screenshots hier für sich sprechen.

Tatsächlich, nach der Ansicht eines Werkes wie "The Holy Mountain" erscheint die Kategorie des unmöglichen Films in ihrer Unmöglichkeit arg strapaziert. Umso bedauernswerter, dass Jodorowskys nächstes unmögliches Projekt dann doch über die Pre-Production nicht hinauskam: die Verfilmung von Frank Herberts Roman "Dune", hierzulande auch bekannt als "Der Wüstenplanet".
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Die deutsche Übersetzung von Frank Herberts erstem "Dune"-Roman, den Jodorowsky verfilmen wollte.
Über Thomas' Furl bin ich auf einen Text gelangt (und nach etwas Recherche auf eine etwas vollständigere Version desselben Textes an anderer Stelle), in dem Jodorowsky seine Herangehensweise und seine Ideen für dieses Projekt ausbreitet. Beim Lesen kommt man nicht umhin, David Lynchs Umsetzung aus den 80er Jahren, die ja ebenfalls aufgrund ihrer Unmöglichkeit ruinös kollabierte, in ihren Ambitionen kleinmütig und banal zu nennen.

Auktoriale Autorität Herberts über den Stoff wischt Jodorowsky gleich fort. "Dune" wachse über eine solche hinaus, sei ein Produkt des kollektiven Unbewussten, gleich Jesus und Don Quixotte, und somit auch einer freien sexomagisch-mystisch-blutrünstigen Umarbeitung à la Jodorowsky zugänglich: Kastration Leto Atreides' im Stierkampf, Befruchtung Jessicas mit seinem Blut anstelle seines Spermas. Surrealistisch potenzierte Planetenwelten. Das Spice als universenschaffende Lebenssubstanz mit eigenem Bewusstsein. Die Raumschiffe als magische, biomechanische, sexuelle Wesen (näher an "Babylon 5" und "Lexx: The Dark Zone" als an "NASA's concentration camps of the spirit" (Jodorowsky) as seen in "2001: A Space Odyssey"). Paul als sich über alle Fremen ausbreitende Kollektiv-Wesenheit. Anstelle eines über mehrere Jahrhunderte andauernden, profanen Terraformings (das vielen Fans der Buchvorlage bereits in der Lynch-Verfilmung etwas zu fix und mystisch vonstatten ging) eine ganze magisch-alchemistische Umwandlung Arrakis' unter Beratung Jodorowskys durch "some real alchemists". Ebenso sollte die Fremenrebellion gegen die Harkonnens durch echte südamerikanische Guerilleros und die religiösen Zeremonien und Drogengebräuche der Fremen durch echte Mystiker/Gurus/whatever, das Mentatentum durch "an almost real mentat" beraten und inspiriert werden.

Man liest weiter: Tatsächlich war die Pre-Production schon ordentlich am Laufen, Jodorowsky wollte ganz bewusst unter der vernichtenden Sonne der echten algerischen Sahara drehen. Er sammelte massig kreative Potenzen um sich, Möbius, Chris Foss, H.R. Giger (Jahre vor "Alien") und auch Dan O'Bannon, den Spezial-Effekte-Mann von "Dark Star", nachdem Jodorowsky sich mit Douglas Trumbull verkracht hatte. Pink Floyd wurden für die Tonspur gewonnen. Für Paul Muad'dib sah Jodorowsky seinen eigenen Sohn Brontis vor, Charlotte Rampling sollte Jessica spielen, wollte aber nicht, David Carradine dagegen hätte gern Leto gemacht. Salvador Dali verlangte für eine Stunde Drehzeit -- als galaktischer Imperator, dessen Thron nach Dalis Anordnung eine von ihm modellierte, Kot und Urin getrennt verarbeitende Toilette sein sollte, in der seinem Geschäft nachgehend er unbedingt gezeigt werden müsse -- damals etwas branchenunübliche 100.000$, zu denen man sich am Ende jedoch tatsächlich durchzuringen bereit war.

Warum alles schließlich doch nichts wurde, darin bleibt Jodorowsky vage, kommt aber nicht umhin, ein wenig personale wie ästhetische Einflüsse der Pre-Production-Arbeiten auf die späteren "Star-Wars"-Filme und auf "Alien" zu behaupten.

Jodorowskys "Dune" bleibt eine grandiose, in ihren Skizzen hoch-anregende Idee eines Filmes. Zwar schade, dass kein belichtetes Zelluloid am Ende herauskam, wo die Realisierung schon einigermaßen ins Machbare gerückt war. Aber die Ideen, die künstlerischen Konstellationen, die Ansätze schon, selbst in reiner Behauptung auf die Welt losgelassen, tragen bereits wundervolle Potentialitäten in sich, die man nicht missen möchte.

Hier zum Text, der soeben breitgetreten wurde (hier die kürzere Version). Massig Pre-Production-Artwork für den Film von Giger, Foss und Möbius gibt's hier und hier.

Friday August 4, 2006

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Kommentare

  1. Uhu / 05. August 2006, 10:04 Uhr

    Ah, wieder ein Film, bei dem man sich freut ihn nie gesehen zu haben und nie sehen zu werden!

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