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Anta Odeli Uta, die barbarischen Bolschewiki und die Schönheit des revolutionären Optimismus

Diesjahr hat das Arsenal in seiner jahreszyklischen Filmgeschichtsreihe "Magical History Tour" die Sowjetstummfilmepoche mit Jakow Protasanows "Aelita" und Lew Kuleshows "Die ungewöhnlichen Abenteuer des Mister West im Lande der Bolschewiki" begonnen, beide von 1924, ein ausgesprochen fröhlicher Einstieg in die Periode von Dowschenko, Eisenstein, Wertow und Pudowkin.

"Aelita" fällt völlig aus der Reihe des vom Sowjetstummfilm gemeinhin Erwarteten, erzählt eine lustige wirre Farce von Handlung um einen weltenthoben guckenden, ständig die seltsamsten Sachen träumenden Ingenieur; da wird sich ziemlich leichtfüßig auf sonderbarste Weise verkleidet (ein Astronaut etwa
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Die Literaturvorlage zu "Aelita" von Alexei Tolstoi (englischsprachige Übersetzung).
muss in Frauenkleidern durch Moskau hetzen), geheiratet, Akkordeon gespielt, betrogen (und doch wieder nicht), gemordet (und doch wieder nicht) und durchs Weltall geflogen, um dort die Vereinigten Sowjet-Republiken des Mars auszurufen (und doch wieder nicht); alles in allem selbst an den propagandistischen Stellen eine enorm publikumskompatible Filmverrücktheit (der Mars allein mit seinen Bewohnern sieht so aus, als hieße der Film "Panzerkreuzer Flash Gordon"), vielleicht auch, weil dank Filmemacher Protasanow hier völlig unterschiedliche künstlerische Kulturen aufeinandertreffen; er fing mit dem Filmemachen nämlich im zaristischen Russland an, drehte während der Wirren der Revolution im französischen Exil, und als er dann in seine Heimat zurückkehrte, muss er dort wiederum auf ein ganz anderes, völlig umgekrempeltes geistig-ästhetisches Umfeld geprallt sein. "Aelita" ist vom typischen furios montierten sowjetischen Propagandastreifen jedenfalls so weit entfernt als nur möglich, nichtsdestotrotz ein großer Spaß.

Und spaßig sind auch "Die ungewöhnlichen Abenteuer des Mister West im Lande der Bolschewiki", in dem radikale neue Verfahren des darstellerischen Spiels und in subtilem Maße auch bereits des 'typischen Russenfilm-Stils' auf enorm spürbare Begeisterung für amerikanisches Action- und Slapstick-Kino treffen; Verfolgungsjagden, Materialschlachten, Prügelorgien, und alles, vor allem im expressiv-rhythmisierten Schauspiel, mit dem faszinierenden Funken sowjetästhetischen Wahns gespickt, der das Vergnügen noch weiter potenziert.

Was aber hier genauso wie in "Aelita" am vielleicht angenehmsten auffällt, ist der noch sehr verspielte Umgang mit dem eigenen politischen Bild (das etwa in "Aelita" im dortigen Finale besonders durch den pulpig hergemachten Science-Fiction-Kontext sich scheinbar ganz bewusst der Gefahr der Ironisierung aussetzt), etwa durch die vorgegaukelten Erfüllungen der übertriebenen Erwartungen des amerikanischen Mr. West: rohe bärtig-barbarische Ork-Bolschewiken, die jedes Zeugnis von Kultur in der Stadt abgerissen haben, jeden Edelmann gleich nachts mit der Geheimpolizei aufsuchen und hinrichten lassen, was zum Spaß des Zuschauers natürlich alles nur in größter Lächerlichkeit von einigen Betrügern für den leichtgläubigen Mr. West (zu allem Überfluss auch noch Präsident der YMCA) inszeniert wird ... Der Film scheint einem prästalinistischen Zeitgeist zu entstammen, der über derartiges noch leichten Herzens lachen und es als alberne Wahnvorstellung des Westens deklarieren mochte, der Trotzki in einer Einstellung noch als Vorzeige-Bolschewiken präsentiert und den Amerikaner am Ende mit breit ausgestreckten Armen in die Begeisterung für Lenin willkommen heißt.

Vielleicht markiert das die besten sowjetischen Stummfilme am hervorstechendsten, dass sie - und hierzu muss man auch als heutiger Zuschauer fähig sein, das damals erst Kommende oder bereits (bewusst?) Übersehene auszublenden - ein ehrliches Gefühl von Freiheit und einen ergreifenden Optimismus ausstrahlen, inmitten eines und für ein werdendes Utopia zu wirken, in einer kreativitätssprudelnden Periode, in der für einen kurzen historischen Augenblick dieser Regisseure kulturell-gesellschaftliches Umfeld, atheistisch und antibürgerlich, einem Gefühl nach ernsthaft das weltweit modernste und (somehow) liberalste zu werden versprach.

Thursday January 13, 2005

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