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Sunshine

Sunshine
Großbritannien 2007, Danny Boyle, 107 Minuten

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Sunshine könnte durchaus auch markiges Science-Fiction-Kino sein, ohne deshalb etwa gleich technologische Konzepte oder Utopien oder wissenschaftliche Ideen inhaltlich elaboriert durchdeklinieren zu müssen: gutes Science-Fiction-Kino braucht es nicht als seinen alleinigen Auftrag betrachten, wundersame Naturgesetze erschöpfend abzubilden oder zukunftsbeschwörende Theoriengebäude auszubreiten; es kann seine Mission z.B. auch darin finden, den menschlichen Geist psychologisch aufs Potential des Neuen, Zukünftigen, Technischen, Wissenschaftlichen einzustimmen, indem es ambitionierte Bild- und Erfahrungs-Räume fürs Noch-zu-Betretende schafft, indem es etwa die New Frontiers des Weltraums oder von Technologie und Wissenschaft erotisiert.

Und ambitionierte Bild- und Erfahrungs-Räume für den Weltraum schafft Danny Boyle hier fraglos, nur (ausgenommen jene wunderschöne Szene, in der die Icarus-Crew den Merkur bestaunen darf) allzu progressiv ist er dabei nicht. Im Großen und Ganzen wählt er den leichten Weg, den Weltraum als Raum des gewöhnlichen Unheimlichen zu inszenieren. Aufbau des Grauens in die undurchschaubare, Urangst-besetzte Schwärze hinein, durchsetzt mit Ein-Frame-Flickereien blutverschmierter Horror-Fratzen, eher schon penetrant als subliminal; & die splatternde Widrigkeit des mörderischen Vakuums, der menschenfeindliche Raum, dessen Betreten uns vernichtet. Da war 2001 schon weiter, bei 2001 war die Unheimlichkeit des Weltraums eine progressive, weil transzendent-verführerische, nicht wie hier eine reaktionäre, weil erdgebunden-abweisende.

SPOILER-ALARM

Davon abgesehen ist der Antagonist in Sunshine (wenn man von der Unprofessionalität der Crew als dem eigentlich Haupt-Antagonisten absieht) am Ende doch eigentlich nur ein profaner religiöser Psychopath gegen Mensch und Zivilisation und ihren technogeleiteten Widerstand gegenüber dem Vernichtungswillen der Natur; die Erniedrigung dieses Antagonisten wäre eine (zugegeben, plumpe) Gelegenheit, den ideologischen Spieß umzudrehen, aber stattdessen wird er leider supernatürlich in Szene gesetzt und dadurch in seinem messianischen Wahn bestätigt. Der konservative Geist des Films offenbart sich abschließend, wenn die grandiose objektive Phantastik des äußeren Raums beim Eintritt in die Sonne am Ende der konventionalspirituellen subjektiven Feuer-Vision im Sterbe-Erlebnis der Hauptfigur den Weg frei machen muss.

Positiv hervorzuheben allerdings eine gewisse Zeitlosigkeit der Handlung: Uns wird kein Jahr genannt, Verweise auf einen konkreten Abstand im Fortgeschrittenheitsgrad der entsendenden Menschheit sind rar (das könnte im Grunde alles von in zehn Jahren bis zu in fünfzig Jahren bis zu in hundert Jahren sein), der Blick auf die Erde ist kurz und zeichenarm (okay, Australien im Schnee, aber das ist es auch schon).

Monday April 23, 2007

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Kommentare

  1. neuroemer / 23. April 2007, 18:15 Uhr

    Würde ich nicht so sehen, dass die Position des religiösen Irren zwangsläufig bestätigt wird. Sicher verleiht ihm der Wahn besondere Kräfte, die dem abwägenden Wissenschaftler nicht zur Verfügung stehen. Ist ja nicht falsch beobachtet. Und immerhin scheitert er ja am Ende, und das Licht geht wieder an.
    Dramaturgisch ist diese Figur aber eine ziemliche Krücke, was den Film nach starkem Start fast ruiniert hat. Man hofft in der Tat auf eine futuristische Wegweisung, und bekommt einen klassischen Horrorfilm. Irgendwie hatte ich da das Gefühl, dass Regisseur und Drehbuchschreiber an verschiedenen Strängen ziehen wollten. Boyle schien mir eigentlich am meisten Spaß daran zu haben, Innenleben und Konstruktion des Raumschiffs/der Bombe zu vermitteln. Ich mochte auch die kleinen HALismen des sanft autoritären Bordcomputers.

    Die subliminal messages hab ich gar nicht bemerkt, wo und wie waren die denn?

  2. Christian / 23. April 2007, 21:14 Uhr

    Neuroemer: Am Anfang der Expedition in die Icarus I blinkten sie ein paar mal kaum merkbar auf, häuften sich dann aber binnen der nächsten ein zwei Minuten so sehr, dass man sie eigentlich hätte wahrnehmen müssen imho.

    (Wesentlich effizienter eingesetzt hab ich sowas in der 2000er Version von The Exorcist mit kleinen bösen Dämonengesichtern gesehen. Da hat’s mich für eine Millisekunde fast außem Sessel gerissen ;) )

  3. neuroemer / 24. April 2007, 11:23 Uhr

    Stimmt, da war wohl was. Bin nicht so der analytische Filmseher. Zumal der Film auf mich doch ziemlich immersiv gewirkt hat, das muß man ihm lassen.

  4. Stefan / 24. April 2007, 11:29 Uhr

    Ich habe deinen Review mal der IMDb submitted. :-)

  5. Christian / 24. April 2007, 19:35 Uhr

    Stefan: Danke, wobei ich das auch schon selber für jede meiner Reviews mache ;-)

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